January 2022

Barrierearmut – »Guter Ton« oder »notwendiges Übel?«

Abbildung von Icons, welche die Symbole für Sehen, Hören, Denken, Sprechen und mit der Hand bedienen stehen

Wie muss eine Website aussehen, damit sie von allen Menschen problemlos erfasst und bedient werden kann? Was muss bedacht werden, damit ein Webauftritt so barrierearm wie möglich ist?

Barrierearmut ist ein wichtiges und facettenreiches Thema in der Webgestaltung, welches nicht nur die Programmierung, sondern auch das Design, die Redaktion und das Konzept betrifft. Wir richten uns in Projekten so oft es geht nach dem offiziellen Katalog der BITV 2.0 Verordnung und können sowohl Maßnahmen der Priorität 1 als auch Priorität 2 umsetzen. Wir sprechen allerdings nie von Barrierefreiheit da diese fast nie erreicht wird, sondern immer von barrierearmen Webseiten. 

Dass wir ausgerechnet auf der eigenen Seite hier mit Sicherheit große Lücken haben fällt a) in die Kategorie »Der Schuster hat oft die schlechtesten Leisten« und ist b) dem Spagat geschuldet, zwar technisch möglichst Barrierefreiheit und -armut einen großen Stellenwert einzuräumen, aber auch ein wenig zu protzen. Akzeptabel oder nicht? Schreibt uns gerne eure Meinung.

Arbeitsweise

Vorausgehend zur barrierearmen Umsetzung des Webprojektes muss eine Zieldefinition erfolgen. Welchen Grad an Barrierearmut möchte man erreichen, und welche Maßnahmen können dafür getroffen werden? Viele der notwendigen Schritte des BITV Katalogs wirken auf die Freiheit in Konzept, Design und Programmierung einschränkend. Die Parameter müssen bewusst und verstanden sein, um die Einschränkungen zu rechtfertigen. Außerdem kann der Grad an Barrierearmut variieren, je nachdem ob eine Zertifizierung notwendig ist, oder bestimmte Kriterien erfüllt sein müssen. Wurde die Zieldefinition festgelegt, können die Maßnahmen umgesetzt werden. 

Umsetzung

Barrierearme Webseiten wurden nicht nur technisch optimiert. Wenigstens die Hälfte aller notwendigen Maßnahmen werden durch eine nachvollziehbare und saubere Konzeption sowie durch bestimmte Design-Prinzipien und sich gegenseitige stützende Contentformen umgesetzt. Die technischen Komponenten sind hingegen vor allem für eine Kompatibilität zu assistiven Technologien notwendig. 

Wir unterscheiden bei der Umsetzung in drei Paketen, wobei Paket eins grundlegende Webstandards enthält, die ohnehin jedes Webprojekt aufweisen muss. Bspw.

  • gut strukturiertes HTML
  • grundlegende Tastaturbedienbarkeit
  • sinnvoll gesetzte ARIA Attribute
  • Meta Descriptions und Alt Tags
  • Vermeidung von ungünstigen Kontrastverhältnissen
  • Nachvollziehbare Navigationsstruktur 

Paket zwei ausgewählte Features sind wie bspw. ein Steuerelement für hohen Kontrast, die separate angeboten werden

  • Kontrastregelung im Frontend
  • Ersatz Medienformate (Untertitel, Gebärdensprache, Transkriptionen)
  • 2 Wege Navigation
  • verfeinerte Tastaturbedienbarkeit und Fokus-Management
  • individuelles Fokus-Styling

Paket drei alle Features umfasst, die eine hohes Maß an Optimierung verlangen und meist mit User-Testing einher gehen. 

  • Screenreader Optimierung
  • User-Testing und Zertifizierung
  • Verschärfte Parameter auf Paket 1 und 2

Während Paket 1 als Standard in den regulären Projektkosten enthalten ist, wird Paket 2 bei uns als Pauschale angeboten. Paket 3 ist hingegen ohne finales Design und Konzept nicht einschätzbar und wird nach Aufwand abgerechnet. 

In Zusammenarbeit mit entsprechenden Büros und Partnern können wir Webseiten testen lassen, sowie Zertifizierungen ausstellen lassen. 

Optimierung

Für manche Projekte ist die Erfüllung des BITV Standards und die Erlangung von Zertifikaten noch kein Garant für Erfolg. Und tatsächlich erlaubt der BITV Katalog ein hohes Maß an Interpretation. Das bedeutet aber auch, dass die Qualitätsspanne trotz eingehaltener Verordnung für den Endnutzer sehr groß sein kann. Dieser Form der Optimierung kann im Nachgang mit User-Tests begegnet werden, deren Ergebnisse in die Nachbesserung einfließen. 

Leichte Sprache

Zur Erreichung einer BITV Zertifizierung ist »Leichte Sprache« nicht erforderlich, bringt aber vor einem inklusiven Hintergrund einen Vorteil und ist daher dringend zu empfehlen. Inhalte in leichter Sprache sind nicht 100% deckungsgleich mit den regulären Sprachen, die leichte Sprache kann also nicht als echter Sprachumschalter begriffen werden, sondern eher als Subseite.

Der Grund: Leichte Sprache übersetzt nicht nur Inhalte, sondern verknappt sie auch, und baut sie leicht verständlicher auf. Die wichtigsten Kernthesen werden auf wenige Sätze herunter gebrochen. In den meisten Fällen funktioniert das vorherrschende Website Konzept nicht mehr und die Inhalte werden auf eine gesonderte Seite ausgelagert.

Für die Erstellung von Leichter Sprache ist eine spezielle Ausbildung erforderlich. Wir arbeiten in diesem Zusammenhang mit Partnerbüros zusammen, die diese Qualifikation aufweisen. Die Inhalte müssen nach ihrer Transponierung vom ursprünglichen Ersteller auf erhaltene inhaltliche Richtigkeit überprüft werden. 

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